Im Zeichen des Dreizack

Saisonstart – auch nach fast einem Vierteljahrhundert auf zwei Rädern bedeutet das für mich noch immer jedes Frühjahr große Aufregung. Während ich in meiner Schulzeit und die ersten Jahre danach tatsächlich als Bruchstrichfahrer unterwegs war, ist mein Motorrad zwar inzwischen das ganze Jahr angemeldet, wirklich bewegt wird es in den dunklen Monaten aber selten. Zu nass, zu kalt, zu salzig. So spule ich dann doch erst im Licht der Märzsonne die ersten Kilometer ab, etwas Unsicherheit nach den Monaten des bequemen Fahrens auf vier Rädern inklusive.

Tatsächlich fand die erste Ausfahrt in den letzten Jahren oft sogar unter verschärften Bedingungen und auf einem brandneuen und unbekannten Pressemotorrad statt. Um die Geschichte nicht gar zu nervenaufreibend zu gestalten, habe ich mich bei der Wahl des ersten Testmoppeds des Jahres immer bewusst um ein Einstiegs- oder Mittelklassemotorrad bemüht, da hier die aufrechte Sitzposition und die überschaubare Leistung das Leben etwas entspannter gestalten. Nachdem ich im vergangenen Jahr auf Triumphs sehr gelungener Weiterentwicklung der Street Triple RS in die Saison starten konnte, sollte mich auch heuer wieder ein Dreizylinder aus Hinckley behutsam aus der Winterruhe begleiten. Diesmal wartete mit der brandneuen Triumph Trident aber sogar eine echte Neuvorstellung auf mich.

Herausfordernder Saisonstart: bei der ersten Ausfahrt mit der neuen Triumph Trident gab es noch Schnee satt.

Die große Schwester Street Triple RS zählt mit ihren 765 Kubikzentimetern und 123 PS zwar nominell zur Mittelklasse, ausstattungsseitig und vor allem in Sachen Preis bewegen wir uns hier aber schon stark in Richtung gehobenes Niveau. Selbst die R-Variante mit gleichem Motor, aber etwas weniger Leistung und Zubehör ist mit einem Preis von knapp 9.000 Euro kein echtes Schnäppchen. Auch wenn Motorradfans scheinbar immer wohlhabender werden – bis ins Jahr 2020 lag bei den Briten die Hürde für den Einstieg ins Zweiradsegment mit einem Klasse-A Naked Bike deutlich höher als beispielsweise bei der Konkurrenz von Yamaha oder Kawasaki, für viele Kaufinteressierte vielleicht sogar zu hoch.

Der logische Schritt

Die Trident soll die Lücke zu MT-07, CB 650 R und Co. nun schließen und platziert sich mit ihrem 660 Kubikzentimeter großen Aggregat in Sachen Hubraum gleich mal direkt zwischen den arrivierten Kassenschlagern der Einsteigerklasse. Wie bei Roadstern von der Insel gewohnt, geht die kleine Triumph motorseitig dabei ihren ganz eigenen Weg. Während Yamaha und Kawasaki für Ihre Einsteiger auf Reihenzweizylinder setzen und Hondas 650er CB von einem klassischen Vierzylinder befeuert wird, kommt in der Trident natürlich ein Drilling zum Einsatz. Dabei ist der Motor kein gänzlich Unbekannter und werkelt bereits seit 2017 in ähnlicher Form schon in der A2-Variante der Street Triple. Während er hier aber lediglich die maximal zulässigen 48 PS leistet, trägt der Drilling des Dreizacks weit über sechzig Neuerungen in sich und soll so auf Wunsch bis zu 81 PS und 64 Newtonmeter Drehmoment Maximalleistung zur Verfügung stellen. Chassisseitig sind keine Besonderheit zu vermelden und Triumph setzt beim Rahmen auf eine klassische Stahlrohrkonstruktion.

Mit der Kombination aus Stahlrohrrahmen und Dreizylinder setzt Triumph bei der Trident auf bewährtes Material.

Schöne Überraschung

Besonders und klassisch zugleich präsentiert sich dabei das Äußere der Trident. Während vor allem der stilvoll gestaltete LED-Rundscheinwerfer und der Tank mit den Aussparungen für die Knie einer sehr traditionellen Formensprache folgen, erinnern die Schwinge, die kurze Underfloor-Auspuffanlage und der seitlich an der Schwinge montierte Kennzeichenhalter stark an moderne Roadster. Besonders auffällig ist dabei das sehr clean gestaltete und freischwebend wirkende Heck mit dem dreieckigen Rücklicht. Aufgewertet wird die Optik auf den ersten Blick noch durch die Upside-Down-Gabel, die der Trident einen sportlichen Touch verleiht und zu einer sehr gelungenen Erscheinung verhilft.

Der positive Eindruck setzt sich auch bei der ersten Kontaktaufnahme fort. Die Trident empfängt ihre Fahrer mit einer moderaten Sitzhöhe von 805 Millimeter, Hände und Füße finden sofort ihren Platz.  So muss das sein. Spätestens beim Drücken des Startknöpfchens gehen dann das erste Mal die Mundwinkel nach oben. Der Motor der Trident ist zwar das kleinste Aggregat der Triumph Dreizylinder-Modellpalette, akustisch ist er aber auf jeden Fall voll bei der Sache und macht mit dem typischen Triple-Sound sofort Lust auf mehr. Also flugs die erste Gangstufe einlegen und los.

Der klassisch geformte Tank mit der ausgeprägten Vertiefung ist eines der prägenden Designelemente der Trident.

Der Triple-Sound aus dem Underfloor-Auspuff macht Laune.

Schon auf den ersten Metern sammelt die Triumph weitere Pluspunkte. Der Weg durch die Innenstadt und zur angestammten Teststrecke fällt auf der ersten Ausfahrt durch viel Verkehr und Umleitungen aufgrund einer Demonstration unerwartet lang aus, doch die Trident kann so direkt auftrumpfen. Dank der leichtgängigen Kupplung und des Schaltautomat gestaltet sich auf der kleinen Triple auch der Stop-and-Go Betrieb mehr als erträglich. Die sehr gelungene Ergonomie mit der nicht zu hohen Sitzposition und das recht geringe Gewicht von 189 Kilogramm fahrfertig helfen nicht nur dabei, die Triumph mit Leichtigkeit durch verwinkelte Nebenstraßen der Vorstadt zu dirigieren, auch das Rangieren und Wenden an einer Straßensperrung gelingt mit Leichtigkeit. Selbst der Motor zeigt hier das erste Mal sein quirliges Potential und erfreut schon bei niedrigen Drehzahlen mit Laufruhe und seinem spritzigen Charakter.

Richtig Leben kommt aber natürlich erst in die Bude, lässt man den urbanen Raum hinter sich. Durch die erste Sprinteinlage auf der zweispurigen Ausfallstraße gerät der Demo-Frust schnell in Vergessenheit. Die Triumph reißt mit ihren nominell 81 PS den Asphalt zwar nicht gerade in Fetzen, zeigt sich aber überraschend drehfreudig und stürmt mit Leichtigkeit zum Leistungsgipfel bei 10.250 Touren. Bei so viel Lebensfreude wird dem Piloten selbst bei den niedrigen einstelligen Temperaturen schnell warm ums Herz. Und noch ein weiteres erwärmendes Highlight kann für die Trident geordert werden: die optionale Griffheizung. Im Gegensatz zur serienmäßigen Traktionskontrolle ist diese zwar aufpreispflichtig, war bei den noch recht winterlichen Testbedingungen aber mehr als willkommen. Neben ABS und TC als Features ebenfalls als Standard im Elektronikpaket mit inklusive sind dagegen die Riding Modes Road und Rain, die zu Saisonbeginn bei Temperaturen um den Gefrierpunkt und nassen Straßen trotz der überschaubaren Motorleistung ein Gefühl der Sicherheit geben.

Die Trident sieht nicht nur sehr schick aus, sondern ist auch sehr agil und überraschend sportlich.

Die Armaturen lassen sich gut bedienen, die Griffheizung war im Testzeitraum im Dauereinsatz.

Gegen Ende des Testzeitraums hatte Petrus dann aber doch ein Einsehen und spendierte tatsächlich noch zwei Tage mit frühlingshaften Temperaturen für den aktiveren Fahreinsatz auf der Trident. Die kleine Triumph wusste in den ersten Sonnenstrahlen nicht nur mit dem schicken Metallic-Lack zu glänzen. Weiß die Trident schon im Stadtverkehr mit ihrer Leichtfüßigkeit zu begeistern, so kann der Drilling im Winkelwerk mit dem sehr agilen Handling dann vollends überzeugen. Schon ein leichter Zug am breiten Lenker genügt und die Triumph verlässt willig die Mittellage. Passt die anvisierte Linie nicht ganz, reicht in Schräglage oft auch etwas zusätzliche Einsatz des Oberkörpers, um die gewählte Linie nachzukorrigieren. Bei all dieser Leichtigkeit zeigt sich die Trident aber auch in Sachen Handling sehr einsteigerfreundlich. Denn die kleine Triumph verhält sich in jeder Lebenslage neutral, nichts passiert hier überraschend, unberechenbares Verhalten ist ihr fremd.

Das trifft auch auf die Motorcharakteristik zu. Triumph verspricht für den Motor der Trident, dass über weite Bereiche des Drehzahlbandes 90 Prozent des maximalen Drehmoments von 64 Newtonmeter anstehen sollen. So fühlt sich das im Fahrbetrieb tatsächlich auch an. Die Leistungsabgabe ist sehr homogen, böse Drehmomentlöcher gibt es nicht. Klar, Bäume reißt der Drilling keine aus, spritziger Fahrspaß ist aber immer garantiert. Dafür sorgt auch die Kombination aus drehfreudigem Dreizylinder und Schaltautomat-unterstütztem Getriebe, die in bekanntem Revier immer wieder zur sportlichen Gangart motiviert. Weiter unterstützt wird das dynamische Treiben durch das ebenfalls nicht unsportliche Fahrwerk. Sowohl die Gabel als auch das Federbein könnten zuweilen zwar etwas sensibler Ansprechen, alles in allem machen die Dämpfer aus dem Hause Showa unter einem Durchschnittstypen aber einen guten Job. Das ist auch gut so, denn einstellen lässt sich hier außer der Vorspannung des Federbeins leider nichts.

Sportlich, sportlich: Die USD-Gabel und das Federbein stammen von Showa und sind recht sportlich ausgelegt. Design und Farbgebung des Schmutzfängers sind sportlich schick, könnten aber etwas mehr vor Dreck schützen.

In Sachen Bremsanlage wirkt die Triumph auf den ersten Blick aber etwas potenter als sie sich im Fahrbetrieb tatsächlich anfühlt. Die beiden 310er Scheiben am Vorderrad suggerieren mächtige Verzögerung und die Bremse funktioniert gut und ist ordentlich dosierbar, die Wirkung bleibt aber etwas hinter den geweckten Erwartungen zurück. Ein genauerer Blick verschafft hier Klarheit. Während an der Front heutzutage in der Regel die Bremskolben in Festsätteln stecken und die Bremsscheiben in die Zange nehmen, kommen an der Triumph nur Zwei-Kolben-Schwimmsättel zum Einsatz. Hier wurde vermutlich der Rotstift angesetzt, um das Preisniveau der Einsteigerklasse zu erreichen. Und auch bei der Fußrastenanlage war der Sparfuchs für die Teileauswahl verantwortlich. Während die Rasten aus der gleichen Kiste wie die der Street Triple stammen, bedient man sich bei Brems- und Schalthebel eher aus der untersten Schublade. Den positiven Gesamteindruck beeinträchtigt die Teilewahl zwar nur unwesentlich, ein paar Euro Marge weniger würden der Trident aber zum perfekten Finish verhelfen. Diesen kleinen Ausrutscher machen die Briten bei der Wahl der Erstbereifung dann wieder wett. Während die Wettbewerber hier gern sparen, setzt Triumph auf Sicherheit und rollt die Trident auf Michelin Road 5 zum Kunden. Der ist nicht nur das Premiumprodukt der Franzosen im Sporttouring-Segment, sondern konnte sich im aktuellen Vergleichtest des größten deutschen Motorradmagazins neben dem METZELER ROADTEC 01 SE sogar den Testsieg sichern.

Die Bremsanlage wirkt mächtig, bremst aber nur mäßig.

Dreifach zackig

Gelungenes Design, tolle Ergonomie und ein unterhaltsamer Motor – die für Triumph vermutlich wichtigste Neuerscheinung des Jahres 2021 macht beim Erstkontakt eine sehr gute Figur. Egal, ob im wuseligen Stadtverkehr, bei Alltagsfahrten oder bei der sportlichen Runde auf der Hausstrecke, die Trident erlaubt sich keine Schwächen und zeigt sich als unterhaltsame Begleiterin für alle Lebenslagen. Dabei ist sie weit mehr als ein Einstiegsmodell und kommt als ausgewachsenes Motorrad mit dem Anspruch auf den Titel des Klassenprimus daher. Wer sich die neue Trident in die Garage oder unters Carport stellen möchte, sollte aber mindestens 7645 Euro plus Nebenkosten übrig haben. Preislich sticht die Triumph damit schon mal aus der Masse heraus. Lohnt der Mehrpreis gegenüber Yamaha, Kawasaki und Co.?! Das kann nur eine Probefahrt entscheiden. Mich hat der Triple-Charme auf jeden Fall wieder überzeugt.

Perfect fit: Das Display der Trident ist schlicht gestaltet sowie gut ablesbar und passt sehr gut zum Gesamtkonzept der Trident. Die Traktionskontrolle lässt sich deaktivieren.

Das Heck der Trident wirkt sehr aufgeräumt. Die Haltegriffe gibt es nur als Zubehör.

Wie bei vielen aktuellen Roadstern ist der Kennzeichenhalter seitlich an der Schwinge befestigt.

Nicht nur für Einsteiger: Das Triumph Zubehörprogramm der Trident umfasst auch Sturzpads.

Bei Schnee ist auch der Michelin Road 5 machtlos, alle anderen Bedingungen meistert die Erstbereifung der Trident mit Bravour.

Triumph ist sichtlich stolz aufs neue Familienmitglied.

 

 

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